Das grausige Grimoire - Auf immer und ewig
Auf immer und ewig
Es ist ungewiss, ob Trents Entschiedenheit oder seine Trauer ihm den Schlaf raubt. Zwei Tatsachen sind jedoch gewiss: Die unerbittliche Unterwelt existiert und das ist der Ort, an dem Gilda auf ihn wartet. Ein Beutel voller Runensteine ruht in der Ecke des Zimmers; der Boden ist übersäht mit Hunderten verbrauchten Runen. Sein Schreibtisch ist voller Wälzer mit magischer Kartographie und Manuskripten über das Jenseits. Mit Kreide dahingekrakelte Berechnungen bedecken die Wände seiner Kammer. Geschirr und dreckige Wäsche sind im Raum verteilt - Trent scherte sich vor Tagen zuletzt um Essen oder Putzen. Bei ihrer Trauung versprach Trent seiner Geliebten, dass selbst der Tod sie nicht trennen könne. Er ist fest entschlossen, sein Versprechen zu halten. Als eine unheilbare Krankheit Gildas blutrotes Haar zu fahlem Weiß erbleichen ließ, erkannte Trent, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt war. Es gab nichts, was Gildas Leiden kurieren konnte, und alles was ihm blieb, war sie zu trösten...und ihrer Seele zu folgen, wohin auch immer sie wandern würde. Trent arbeitete unermüdlich an Teleportzaubern, die ihm gestatten würden, seiner Liebsten in das nächste Leben zu folgen. 'Selbst der Tod kann uns nicht trennen', schworen sie einander tränenüberströmt, als Gildas Augen zum allerletzten Mal zufielen. Keine Zeit für Trauer; ihre Trennung ist nur vorübergehend. Selbst während Gildas Beerdigung hatte Trent nichts anderes im Kopf als Runenkombinationen, die ihm einen Weg ins Jenseits öffnen würden. Seine akademische Neugier und Entschlossenheit dämmten die Schmerzensflut, als er zusah, wie der Leib seiner Geliebten in die kalte Erde herabgelassen wurde. Trents Augen schweifen über seine Schriften, sein Blick ist getrübt von Hunger und Entkräftung und doch ist ihm kaum bewusst, dass Gildas Beerdigung bereits eine Woche her ist. Urplötzlich durchfährt ihn trotz seiner Erschöpfung ein Geistesblitz, der ihn aufspringen und zu seinen Runen sprinten lässt, die er zu einer neuen, ungetesteten Kombination zusammenstellt. Er greift nach seinem Bauchgürtel. Eine Beschwörungsformel entlockt den Steinen ihre arkane Energie und Trent findet sich in der drückenden Hitze des Dschungels von Karamja wieder. Wieder ein Misserfolg. Trent greift in seine Gürteltasche und teleportiert sich mithilfe einer bekannten Runenkombination zurück nach Hause. Beim Anblick seines näherrückenden Heims ergreift Trent eine unbändige Rage und sein Zorn lässt seinen angeschlagenen Verstand entgleisen. Er greift nach einer Handvoll Runen und haucht ihnen all seine ohnmächtige Wut ein. Die Steine knistern vor Macht. Dies ist der qualvollste Teleportzauber, den er je vollführte. Trent erwacht unter einem dunklen, purpurnen Himmel. Gilda ist über ihn gebeugt; ihre lodernd roten Locken streifen sein Gesicht. Sie sucht nach Trents Gürteltasche mit den Runen, die ihn nach jedem experimentellen Sprung nach Hause zurück bringen. Trent und Gildas Blicke finden einander, ihre Augen weiten sich überrascht. Erkenntnis überkommt Gilda und ihr Blick wird sanfter. Ein trauriges Lächeln macht sich auf ihren Lippen breit, als sie Trent auf die Beine hilft. Ihr Geliebter ist so nackt und flüchtig wie jede andere Seele in diesem Reich. 'Selbst der Tod kann uns nicht trennen', flüstert Trent mit einem Lächeln. Trent greift sanft nach Gildas Hand und leitet sie, während sie die Brücke des Noumenons überschreiten. Gemeinsam tun sie die ersten Schritte ihrer ewigen Reise...